Meine Inkonsequenz beim Optionenhandel

Wurde leider wieder nichts mit den wöchentlichen Beiträgen … 🙂 Der Hausbau geht zwar voran, aber aus finanzieller Sicht ist nichts schreibwürdiges dabei geschehen.

Was die allgemeinen Finanzen angeht plätschert auch alles vor sich hin, die Börsen steigen aktuell wieder und meine ETF-Sparpläne laufen auch ganz normal.

Und einfach nur was veröffentlichen damit was da steht ist mir auch zu blöd.

Aber diese Woche durfte ich mal wieder in meinem Optionen Depot aktiv sein und habe mich dabei ertappt wie ich eigentlich den Fehler mache vor denen in Büchern und von erfahrenen Aktienprofis immer gewarnt wird : Gierig werden . unbedacht Trades ausführen und seine Pläne über den Haufen werfen.

Seht es also als kleinen Erfahrungsbericht, wie schnell einen das Bauchgefühl in finanziellen Dingen in unangenehme Situationen bringen kann.

Meine aktuellen Optionengeschäfte

Wie ihr vielleicht wisst, habe ich neben meinem „normalen“ Aktiendepot sowie den ETF Sparplänen noch ein kleines Depot bei Estably (ehemals BanX) mit dem ich zu günstigen Konditionen Optionen handeln kann (Anleitung Optionen handeln für Einsteiger).

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In einem meiner letzten Beiträge habe ich schon etwas über meine Corona-getriebenen Optionsgeschäfte berichtet und möchte euch über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Dies insbesondere da ich nun erstmals tatsächlich ein Option „gerollt“ habe, was ich bisher zwar auch schon mal erwogen habe (Intel Option rollen?) aber letztendlich doch nie gemacht habe.

Exkurs „Option rollen“

Eine „Option rollen“ ist der umgangssprachliche Begriff dafür einen verkauften Optionskontrakt – evtl. mit Verlust – zurück zu kaufen um ihn anschließend mit einem Datum weiter in der Zukunft erneut zu verkaufen. Gründe dafür sind immer das sich der Kurs anders entwickelt als man vermutet hatte.
Kurzfristig realisiert man mit dem Rollen gewöhnlich einen Verlust , der durch den erneuten Verkauf aber kompensiert werden solle.

Deutsche Post (DPW)

deutsche post aktie

Wie im verlinkten Beitrag beschrieben hatte ich im September einen Call auf meine 100 Deutsche Post-Aktien verkauft. Der Call hatte einen Strike von 40 und wäre bis Mitte Dezember gelaufen. Das bedeutet wenn der Aktienkurs der Post an diesem Verfallstag über 40 € gestanden wäre, hätte der Käufer die Option ausgeübt und ich hätte ihm die 100 Aktien für je 40 € übergeben müssen. Die Differenz aus dem aktuellen Kurs minus seinen Ausgaben (40 € pro Aktie + 66 € Kosten für den Kauf der Option) wäre sein Gewinn.

Nun hat sich die Aktie der Post in den Septemberwochen aber (für mich unerwartet) gut entwickelt

https://www.boerse.de/aktien/Deutsche-Post-Aktie/DE0005552004

Anfang Oktober stand der Kurs um die 42 € herum. Bei diesem Kurs hätte der Käufer „meiner“ Option also 200 € – 66 €(Kaufpreis der Option) 134 € Gewinn gemacht.

Ganz grundsätzlich ist genau das natürlich der Kern der „Optionen“ : Man hat Erwartungen an die Entwicklung eines Kurses und kann Geld damit verdienen zu spekulieren wie der Kurs in ein paar Wochen oder Monaten stehen wird. Im Idealfall ist die Optionsprämie der Gewinn und man bleibt Besitzer der Aktien, aber auch wenn nicht dann muss man eigentlich bereit sein eine Aktie zum Strikepreis abzugeben wenn man eine entsprechende Call-Option verkauft.

Und dann kam die Gier?

Warum bin ich jetzt nicht so verfahren wie es in den Büchern angemahnt wird, habe abgewartet bis Dezember und mich dann über den entstandenen Gewinn gefreut?

Einen Verlust musste ich nicht befürchten. Mein Einstandskurs für die Postaktien waren 39 €. Dazu habe ich zwei mal die Jahresdividende von 115 € erhalten.

Wäre die Option im Dezember für 40 € ausgelöst worden hätte ich damit auch noch einmal 100 € erlöst. Zusätzlich zu den 66 € die ich für den Verkauf der Option bekommen habe.

Ich war im September bereit die Aktie für 40 € zu verkaufen – konsequent wäre also gewesen die Option weiterlaufen zu lassen.

Ich gebe durchaus zu, dass ich hier nicht konsequent war und eigentlich das gemacht habe was „Zocker“ auch machen. Einen sicheren Gewinn aufgegeben für den die Aussicht auf noch höheren Gewinn.

Selbstreflektion

Der Grund dafür war, dass ich mich ärgerte über die unerwartet gute Entwicklung und das ich davon nicht profitieren konnte.

Immerhin hatte ich die Aktie schon fast 2 Jahre gehalten bei der sie immer im Minus war , und jetzt wo sie endlich in den „Gewinnbereich“ aufstieg verkaufte ich sie „bei der erstbesten Gelegenheit“ ?

Ausschlaggebend für meine Inkonsequenz war im Nachhinein sicher auch, dass ich grundsätzlich an den Erfolg der Deutschen Post glaube. In Zeiten steigenden Onlinehandels, geschlossenen Läden und Restaurants kann es meiner Ansicht nach für die Post nur nach oben gehen.

Ich war also nicht wirklich bereit die Aktie für 40 € zu verkaufen, ich hätte den Call also nicht verkaufen dürfen und deshalb steckte ich jetzt in diesem Dillemma.

Als der Kurs bei 42 € Stand war „meine“ Option 1,92 € (also 192 €) wert. Das Zurückkaufen (und damit das Verhindern) des Verkaufes im Dezember würde mich also ca. 130 € Real ins Minus bringen (192€ -66€).

Und das nur um einen „Fehler“ auszubügeln.

Es geht hier nicht um viel Geld aber trotzdem ist es sehr unangenehm in so einer Situation zu sein und nicht souverän reagieren zu können. Bei größeren Summen will man sowas sicher nicht erleben.

Und dann kam etwas Glück dazu ..

Ich vermute ich hätte es unter diesen Bedingungen letztendlich nicht gemacht (zurückgekauft). Da bin ich doch zu sehr Sparfuchs und hätte mich dann lieber über den entgangenen Gewinn geärgert als einen realen Verlust zu produzieren.

Doch glücklicherweise passierte dann folgendes:

Die Post veröffentlichte Anfang November starke Quartalszahlen und einen guten Ausblick auf das Weihnachtsgeschäft und die Börse macht was sie immer macht – nicht was man erwartet 🙂

Der Kurs der Post ging trotz der guten Nachrichten wieder deutlich unter die 40 € Grenze herunter.

Ich hatte jetzt also die Wahl: Ich könnte alles wie gehabt weiterlaufen lassen und hoffen, dass die Aktie am Verfallstag unter 40 € steht. Damit würde ich die Aktie behalten und hätte die Optionsprämie „nach Plan“ kassiert.

Aber da ich grundsätzlich an den Erfolg der Post glaube und auch davon ausgehe, dass diese langfristig wieder deutlich über 40 € steigen wird habe ich den Rücksetzer genutzt um die Option zurückzukaufen. Der Preis war auf knapp 90 € gefallen – ich realisierte also mit diesem Rückkauf 24 € Verlust.

Aber – da die Stimmung der Marktteilnehmer mittelfristig genau so positiv war wie meine – konnte ich einen erneuten Call verkaufen:

Deutsche Post , Call Option, Strike: 44 €, Verfallstag : März 2021 Verkaufserlös: 69 €

Abrechnung/Fazit:

Ich hatte durch dieses Rollen also aus Sicht der sicheren Optionsprämie wenig geändert. Mein Gewinn lag mit dem realisierten Verlust durch den Rückkauf bei ca. 44 €

Aber ich habe mir dadurch etwas mehr „Partizipation“ am Kursgewinn der Deutschen Post erkauft – und mir damit quasi eine entsprechende „Belohnung“ für die lange Zeit „im Minus“ eingebaut .

Ich hoffe, dass – sollte der Kurs bis März über 44 € steigen – ich mich dann über den Kursgewinn von 5 € pro Aktie freuen kann und nicht wieder in die „Ich will Mehr“ – Schiene rutsche.

Dieses mal ist es meiner Meinung nach gut ausgegangen – aber ich habe selbst gemerkt, dass man so eigentlich nicht handeln sollte. Für mich bedeutet dass , dass ich Aktien die mir durch Optionen eingebucht wurden – die ich aber generell zukunftsfähig sehe – nicht mehr direkt an der Gewinnschwelle veroptioniere. Sondern immer mit einem „Gewinnaufschlag“ der es mir – so meine Hoffnung – einfacher macht diese dann gehen zu lassen. Das ganze natürlich auch nur für das Optionenkonto dessen Sinn es ist das ich Zusatzeinkommen durch Optionsgeschäfte generiere. Eine Aktie von der ich überzeugt bin kommt natürlich auch „auf Dauer“ in mein normales Depot (wie die Post z.b schon lange ist. Damals noch zu einem Einstiegspreis von 24 € )

Seht es einfach als „friendly Reminder“, dass die Tipps und „Regeln“ die von erfahrenen Experten gemacht werden schon ihre Berechtigung haben – und das es trotzdem sein kann das euer Bauchgefühl euch wieder besseren Wissens zu anderem handeln verleitet. Ihr seid damit nicht allein 🙂

Und hier noch als Empfehlung das Buch welches ich gelesen habe um die Grundlagen von Optionen zu verstehen:

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